"Die Europäische Union stand im vergangenen Jahr stark im Interesse der Öffentlichkeit. Grund hierfür war zum einen die als historische Einigung des europäischen Kontinents wahrgenommene Erweiterung der Europäischen Union um acht Staaten des ehemaligen Ostblocks sowie Malta und Zypern zum 1.5.2004. Zum anderen war es das als 'Scheitern' empfundene vorläufige Ergebnis der am 29./30.9.2003 durch den Rat der Europäischen Union einberufenen Regierungskonferenz im Dezember 2003. Die in sie gesetzte Hoffnung der Öffentlichkeit bestand in dem Bemühen um die Einigung eines in der Presse allgemein als 'Verfassung Europas' titulierten Vertragsentwurfes, der letztlich in Brüssel am 18.6.2004 angenommen wurde. Bei diesem Vertragsentwurf handelt es sich keineswegs um die erste Initiative für eine Europäische Verfassung, und es ist aus historischer Sicht auch nicht überraschend, dass er mit der Erweiterung der Europäischen Union zusammenfällt. Verfassungsinitiativen gab es bereits in Zeiten der Gründung und Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft und nach dem Ende des kommunistischen Ostblocks. Sie wurden aufgestellt vor dem Hintergrund von Ereignissen, die das Bild Europas ebenso veränderten wie die Osterweiterung, und die die Gemeinschaft unter institutionellen aber auch politischen Reformdruck stellten. Der Prozess, der zu dem nunmehr vorliegenden Vertragsentwurf führte, begann im Jahr 2000 mit der 'Erklärung über die Zukunft der Union', in der zur Verbesserung der 'demokratische(n) Legitimation und (der) Transparenz der Union' bestimmt Wurde, dass einer offenen Debatte und einer detaillierten Erklärung des Europäischen Rates eine Regierungskonferenz folgen sollte, um die für notwendig befundene Vertragsänderung zu beschließen. Ausdrückliche Ziele dieses Prozesses waren (1) eine genauere Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsgrundsatzes, (2) die Festlegung des Status der Grundrechtecharta, (3) eine Vereinfachung der Verträge ohne ihre inhaltliche Änderung und (4) die Festlegung der Rolle der nationalen Parlamente in der 'Architektur Europas'." (Autorenreferat)